#19 Die andere Enklave…

Es gibt zwei Enklaven in der Schweiz: Die eine ist Campione d’Italia, welche auf dem Rätsel abgebildet ist, und die andere ist Büsingen am Hochrhein.

Eine Enklave (von französisch enclaver ‚umschließen‘) ist ein Staatsgebiet, das vollständig vom Gebiet eines anderen Staates umschlossen ist, also keine Grenze zu einem zweiten Staat und keinen eigenen Zugang zur hohen See hat.

Wenn man die Geschichte von Büsingen etwas betrachtet, kommen spannende Details zu Tage:

Seit 1361 hatten die Herren von Klingenberg, österreichische Lehnsträger, die Ortsherrschaft inne.

1406 wurde Büsingen von den verschuldeten Klingenbergern an den Schaffhauser Rudolf Goldschmid verpfändet.

Ab 1465 ging die Landeshoheit über Büsingen offiziell an Österreich über und der Ort gehörte zur österreichischen Landgrafschaft Nellenburg.

Später haben sich die Schaffhauser dann aber offenbar mit der Entführung von einem Büsinger mit den Österreichern verkracht. Offenbar ging der Streit so weit, dass sich die Geschichte zu einer staatspolitischen Dimension hinaufschaukelte.

1694 sperrte Österreich die Getreideausfuhr in die Schweiz und drohte Schaffhausen mit hohen Repressalien. Obwohl die Schaffhauser von ihren Eidgenossen zum Einlenken gedrängt wurden, leiteten sie ein Verfahren gegen Eberhard Im Thurn ein, bei dem dieser zum Tode verurteilt werden sollte. Es endete nach einer Abstimmung aber mit knapper Mehrheit nur mit lebenslanger Haft. Die Schaffhauser gaben erst nach, nachdem am 15. Februar 1697 Österreich den Druck noch einmal verstärkt und Truppen an die Schaffhauser Grenze verlegt hatte.

Später ging Büsingen von den Österreichern zum Königreich Württemberg und anschliessend ans Grossherzogtum Baden über. Auch nach dem Wiener Kongress 1815 blieb der Ort eine Enklave.

Später versuchte man den Anschluss an die Schweiz zu finden.

1918 wurde eine Volksabstimmung durchgeführt, in der 96% der Büsinger Bürger für eine Angliederung ihres Dorfes an die Schweiz stimmten. Dazu kam es aber nicht, weil die Schweiz kein geeignetes Austauschgebiet anbieten konnte. So blieb Büsingen beim Deutschen Reich.
Die bisher letzte Chance der Büsinger, der Schweiz angegliedert zu werden, bot sich 1956. Damalige Verhandlungen waren zunächst vielversprechend, jedoch bestand der Landkreis Konstanz auf dem Verbleib von Büsingen bei Deutschland und forderte darüber hinaus einen verbindenden Korridor zu Deutschland. Daraufhin brach die Schweiz die Verhandlungen ab. Am 4. Oktober 1967 trat der neue Staatsvertrag zwischen Deutschland und der Schweiz in Kraft, der den rechtlichen Status von Büsingen regelt.

Spezialitäten von Büsingen:

  • Die Polizei des Kantons Schaffhausen darf auf Büsinger Gebiet selbstständig Verhaftungen durchführen und die Arrestanten in die Schweiz verbringen. Die Zahl der Schweizer Ordnungshüter, die sich gleichzeitig in Büsingen aufhalten dürfen, ist auf zehn beschränkt, die der deutschen auf drei pro 100 Einwohner.
  • Die deutschen Polizisten dürfen sich uniformiert nur auf klar definierten Routen zur Exklave hinbewegen, haben auf Schweizer Boden jedoch alle Amtshandlungen zu unterlassen.
  • Büsinger Bauern erhalten Bundessubventionen aus der Schweiz, die höher sind als jene in Deutschland.
  • Büsingen unterhält eine Grundschule, in der Schüler bis zur vierten Klasse unterrichtet werden. Anschließend müssen die Eltern entscheiden, ob ihre Kinder eine schweizerische oder eine deutsche weiterführende Schule besuchen sollen.
  • Die Gemeinde hat zwei Postleitzahlen: 78266 Büsingen für Deutschland und 8238 Büsingen (D) für die Schweiz.
  • BÜS ist das seltenste Auto-Kennzeichen Deutschlands, das derzeit noch neu vergeben wird.
  • Der Fussballklub FC Büsingen ist – als einziger deutscher Verein – dem Schweizerischen Fußballverband angeschlossen.

(Quellen: Wikipedia)

Tja, das Rätsel wurde nicht von allen richtig gelöst. Es war eben wirklich die andere Enklave gesucht…


Natischer Livigno
LUnGE Büsingen am Hochrhein
@theswiss Büsingen
@Baikal007 Campione
@svadagnin Campione d’Italia
@chaeppu Büsingen am Hochrhein (die andere Enklave)

0 0 votes
Artikelbewertung
Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Auflösung von chm. Setze ein Lesezeichen zum Permalink.

Über chm

Hatte als Kind im Zimmer eine Schreibtischunterlage mit der Schweizerkarte drauf. Anstelle der Hausaufgaben wurden Schweizerreisen mit dem Finger gemacht. Das war prägend: kann noch heute das Einmaleins schlechter als die Kantonshauptorte. Dem @chm auf Twitter folgen.
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

5 Kommentare
Oldest
Newest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments
Natischer (@Herr_Natischer)

Tämi, ich hab ja null Ahnung!

Natischer (@Herr_Natischer)
Reply to  chm

Auf Campione hatten wir letzten Sommer eine beeindruckende Aussicht vom San Salvatore runter, und ich meinte, nach Livogno käme man auch nur über die CH, als wir bei der selben Rundreise 2 Tage später über den Berninapass fuhren. Nun, ein Blick auf eine Karte hätte geholfen …

Natischer (@Herr_Natischer)

Beeindruckende Aussichten (I): http://360.io/Q8eNKT